„Konsequent oder Inkonsequent – beides zusammen geht nicht.“ (Jürgen Becker) Meistens, wenn ich im LARP was von konsequentem Spiel höre, dann hat irgendjemand einem anderen wehgetan … (z.B. Charakter umgelegt, Spielspaß verdorben). Ich halte überhaupt nix von konsequentem Spiel. Da sind IMHO mehrere Bretter vor einem Kopf vernagelt. „Ich mußte das tun, das war konsequent.“ Komisch, ich habe bisher in jeder Lebenssituation mehrere Möglichkeiten gehabt. Selbst als ich meinen wunderbaren Aquaplaning-Unfall gebaut habe, hätte ich zuerst nach links statt nach rechts lenken können… (wobei ich zugebe: da wäre wahrscheinlich auch nix sinnigeres rausgekommen).
LARP ist nicht konsequent. Es gibt ein Time-In und ein Time-Out. Es gibt keine klare Linie, was nach dem Time-Out passiert. Der Königsmörder, wenn er nicht gefasst wurde, kann entkommen, auch wenn er eigentlich in 2 Minuten verhaftet werden würde.
LARP ist nicht konsequent. Es gibt einfach nicht genug Wachen, damit ein Dieb konsequent verfolgt werden könnte. Und das finde ich gar nicht schlimm. Ich habe schon selbst 5 Stunden vor ner Tür gestanden, hinter der theoretisch die Königin war. Praktisch war die nicht nur als SL unterwegs, sie hat auch noch vergessen, daß sie drin war und ist nach 2 Stunden woanders gestartet… (Ich habe sogar 2 Angebote gekriegt mit Inhalt „Du, wenn Du willst, bring ich dich um. Dann brauchst Du nicht mehr hier zu stehen.“ 🙂 ) Das macht mir nicht so viel Spaß… und anderen vielleicht auch nicht …
Wie konsequent kann das Spiel an einem Königshof sein mit 180 Gästen und 20 Bedienstenten, unter denen es weder nen Koch noch ne Kammerzofe gibt, und mit genau 2 Wachen am Tor?
LARP ist ein künstliches Produkt. Manche machen „realistischere LARPs“, andere machen „Abenteuer-LARPs“ mit Dungeons, in denen die Monster-Ökonomie eigentlich 2 Dutzend Abenteurer pro Tag braucht, um Überleben zu können… Künstlich sind die Settings aber alle, logisch eher nicht. Also: selbst wenn ich versuche, selbst konsequent zu sein, kann ich keine Konsequenz für meinen Charakter erreichen.
Das Beharren auf Konsequenz macht es allerdings leichter für mich, anderen Leuten Spielspaß zu versauen… Es ist schon konsequent, jemanden in den Kerker zu werfen und zu sagen: so, da bleibst Du jetzt 2 Tage. Du kannst ja outtime im Zimmer bleiben, im Kerker ist ja sonst sowieso keiner. Da habe ich dann konsequent gehandelt. Nur: vielleicht wäre es für den Spielspaß des anderen schon schöner, die Gerichtsverhandlung nach kurzer Zeit zu machen (ein bißchen im Kerker darf er natürlich bleiben, wenn er einen Fluchtversuch machen will 🙂 ). Und wäre das inkonsequent?
Für mich gibt es ein Hauptziel für LARPs: das alle Spaß haben. Das ist nicht so einfach, und klappt normalerweise nicht. Es ist auch nicht so, daß ich Spielspaß über alles stellen würde. „Ich müsste dich jetzt eigentlich töten, nachdem du meine Mutter, meinen Vater und meinen Hund getötet hast, aber ich verzeihe dir, denn das macht dir mehr Spaß.“ Aber alles im Maße und so, daß es beiden Seiten Spaß macht. Als SL lasse ich NSCs keine Todesstösse setzen. Und viele von den Spielern honorieren das, indem sie klasse ausspielen und auch mal umkippen.
Meine normale Erfahrung im LARP-Kampf: nicht die besten bleiben stehen, sondern die mit der Mathematikschwäche… LARP-Kampf ist keine Möglichkeit für einen Vergleich, da zu künstlich… Sehr häufig hat Konsequenz scheinbar was mit Charaktertod zu tun, allerdings mit dem fremder Charaktere.
„Natürlich ist es hart, daß ich ihn gemeuchelt habe, aber ich habe nur konsequent gespielt.“
„Der Todesstoß war nicht anders möglich, weil ich konsequent spiele.“
Argument: „Wenn niemand sterben kann, dann fehlt doch der Nervenkitzel.“
Das ist nur bedingt richtig. Denn: jeder Spieler hat es im Normalfall selbst in der Hand zu entscheiden, daß sein Charakter die 10 Treffer nicht überlebt hat, egal, was das Regelwerk sagt …
Argument: Wir spielen in einer grausamen Welt
Fraglich ist, wer das dann festgelegt hat. Sollte meiner Ansicht nach die jeweilige Spielleitung sein. Die sagen das aber nur selten, meistens sind es Spieler.
Warum spielen wir denn in einer grausamen Welt?
a) weil es Fantasy ist
Es gibt sehr viele Arten von Fantasy, von Tolkien über Zelazny zu Pratchett. Die wenigsten Fantasywelten bestehen aus einer Ansammlung von massenmordenden Rassen.
b) weil wir Mittelalter spielen
Wenn das Mittelalter wirklich so hart wäre, wie einige Leute es hindiskutieren wollen, gebe uns gar nicht … Dann wäre die menschliche Rasse in kürzester Zeit ausgestorben.
In vielen Fällen wurden die Überlebenden, so sie einen Wert als Tauschobjekt hatten, gegen Lösegeld, Zugeständnisse oder eigene Überlebende eingetauscht. Die wenigsten wurden wirklich auf dem Schlachtfeld getötet. Es sind wohl auch viele Leute verblutet, nicht durch Todesstöße umgekommen.
Außerdem ging es nicht so einfach, andere Leute umzubringen. Es gab tatsächlich Gesetze und Gesetzeshüter, und die haben tatsächlich Leute gefangen genommen. Die hatten nämlich mehr Zeit als die 2 Stunden, die man hat, nachdem der Meuchelmörder Sonntag morgens um 3 Uhr zugeschlagen hat…
ein schönes Zitat, habe leider den Ursprung vergessen :
„Das Problem hierbei ist die aus dem verlorenen Kampf entstehenden Konsequenzen. Wenn jeder verlorene Kampf den Tod bedeutet führt das automatisch dazu das die meisten Leute nicht verlieren wollen.“
Viele Leute verstehen auch nicht, dass Handlungen im Spiel auch Auswirkungen auf die Aussenwelt hat. Da gibt es den schönen Spruch
Es ist ja nur ein Spiel.
Stimmt. Wenn es nur ein Spiel ist, dann hat es auch keine Outtime-Relevanz. Das lernt man schon als Kind. Es haben sich auch nie Streits im Sandkasten oder beim „Cowboy und Indianer“ ergeben. Schließlich haben Spiele keinen Einfluß auf die Normalwelt.
Meine persönliche Einschätzung:
Das Wort Konsequenz braucht man eigentlich nur als Rechtfertigung dafür, daß man jemandem weh getan hat. Denn ansonsten stört sich keiner daran, wenn man „konsequent“ spielt.